Nachfolgeregelung – ein fauler Kompromiss?

Die letzten Jahre sind weltpolitisch und gesellschaftlich mehr und mehr geprägt von der Verharrung in klaren Standpunkten. Dabei werden Fakten vereinfacht dargelegt und somit verständlicher, aber dadurch nicht fundierter. Beispiele hierfür gibt es unzählige wie den Brexit, Russland, die Türkei und nicht zuletzt die politische Situation in den USA. Eine nachhaltige Lösung lässt sich mit der «Verteidigung» des Standpunktes nur in Ausnahmefällen finden. Es geht zu oft darum Recht zu behalten und selbstverständlich um Macht.

In der Nachfolgeregelung gelten dieselben Grundsätze und Regeln:

Verkäuferseite: Auf Basis einer Bewertungsmethode wird rechnerisch ein Firmenwert ermittelt, welcher, wenn er hoch genug ist, als unverhandelbarer Verkaufspreis ins Feld geführt wird. Weder die Methode, der Weg zum Resultat, noch die vielen Annahmen werden dabei in Frage gestellt. «Mein Treuhänder hat den Verkaufspreis berechnet, er weiss am besten wie viel meine Firma Wert hat und wie viel ich investiert habe.»

Käuferseite: «Diese Firma passt genau in mein Suchprofil. Ich kenne den Markt, ich weiss, was man besser machen muss und der Preis ist natürlich zu hoch. Nur wenn der Verkäufer die Firma mir übergibt ist eine nachhaltige und langfristige Lösung sichergestellt. Mein Treuhänder beurteilt die Risiken viel höher und die Lagerwerte viel tiefer. Zudem müssen alle alten Maschinen ersetzt werden, denn heute produziert man anders.»

Das sind beste Voraussetzungen für eine rasche und nachhaltige Nachfolgelösung und die beiden Seiten werden sich nach dem ersten Treffen auch gleich zum letzten Mal begegnet sein. Natürlich ist es wichtig, dass man eine klare Position einnimmt, sowohl der Verkäufer wie auch der Käufer. Jeder muss für sich in Varianten denken und diese fundiert vorbereiten. Beide Seiten müssen sich über die Absichten der anderen Partei im Klaren sein und müssen die jeweiligen Beweggründe verstehen. Es ist vergleichbar mit einem Solution Sales bzw. Systemverkauf.

Aktuelles Beispiel - neue Kampfflugzeuge für die Schweiz: Alle Parteien stellen sich auf verschiedene Varianten ein und denken in Szenarien, um so mit möglichst hoher Sicherheit den Zuschlag zu erhalten. Die Variante, welche die Musskriterien erfüllt und bei welcher beide Parteien sich auf Augenhöhe begegnen, wird das Rennen machen.

Zurück zur Nachfolgeregelung: Beide, Verkäufer wie auch Käufer, müssen sich intensiv mit dem Verkauf bzw. mit dem Kauf befassen. Für den Verkäufer ist fundamental, dass er sich ein realistisches Marktbild verschafft: Welche Firmen wurden in meinem Bereich in den letzten Jahren verkauft? Was wurde dafür bezahlt? Wie sind die mittel- und langfristigen Marktaussichten? Gibt es in meinem Unternehmen personelle Problemstellungen? Gibt es in meinem Unternehmen einen Investitionsbedarf? Wie verändert sich das Kundenverhalten? Gibt es disruptive Technologien oder Dienstleistungen? Was ist mir für meine persönliche Nachfolge wichtig?

Auch der Käufer muss sich ein realistisches Bild verschaffen, aber auch seine eigene Situation genau analysieren: Was sind meine genauen Beweggründe und Ziele? Bin ich bereit, für weniger Geld mehr zu arbeiten? Bin ich bereit unternehmerisches Risiko selber und ohne doppeltes Netz zu tragen? Ist mein Lebenspartner/in auch dazu bereit? Wie viel Geld steht mir insgesamt zur Verfügung (Kauf, Liquidität)? Kenne ich meine zukünftige Rolle? Sind mir diese Rollen selber vertraut? Wo habe ich noch Nachholbedarf? In welchen Bereichen bin ich auf die Unterstützung des Verkäufers angewiesen?

Wenn alle diese Fragen geklärt sind und jeder für sich verschiedene Szenarien bzw. Varianten bereit hat, macht es Sinn, ernsthafte Verhandlungen aufzunehmen. In diesen Verhandlungen muss sich jeder wiederum bewusst sein, dass es hierbei nicht um den Gewinn eines Auftrages geht, sondern um ein GEMEINSAMES Ziel - Die Nachfolgeregelung für beide Seiten zum Erfolg zu führen!! Das heisst, jeder muss in den Verhandlungen Offenheit und Flexibilität an den Tag legen. Das Verharren in den eigenen Standpunkten führt nicht zum Sieg, sondern zum Abbruch der Verhandlungen. Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten, denken in Varianten und Szenarien sowie gegenseitige Wertschätzung führen zum Erfolg. Dass dieser Prozess kein einfacher ist, ist allen Parteien bewusst, jedoch ist es für die meisten auch das erste Mal, dass solche Verhandlungen geführt werden. Leider gibt es hier wenig Spielraum zum «Üben».

Als Nachfolgeberater verfügen wir über diese Erfahrung und können heikle Situationen frühzeitig erkennen und entschärfen. Jede Nachfolge ist anders, denn die Protagonisten sind nie dieselben nur der Prozess ist es – und dieser muss geführt sein!

Über 100 erfolgreiche Nachfolgeregelungen haben wir begleiten dürfen. Jede einzelne war am Schluss ein Kompromiss zwischen Verkäufer und Käufer, keiner aber ein fauler Kompromiss!

Daniel Burkhalter, ehem. Inhaber Nachfolgepool